Nach den Erfolgen der Eintracht-Frauen am Lake Placid schafft es beim Weltcup am Königssee auch Malte Schwenzfeier aufs Podest. Ein Porträt.
„Wenn man mir das vor einem halben Jahr gesagt hätte, hätte ich es nicht für möglich gehalten“, sagt Malte Schwenzfeier. Doch der 24-jährige Bob-Anschieber von Eintracht Wiesbaden, der rund 100 Kilogramm Muskelmasse auf die Waage bringt, ist ein echter Senkrechtstarter. Schwenzfeier schießt derzeit als „Neuling“ der Bobszene in seiner ersten Saison überhaupt blitzartig in das Konzert der Großen. Er absolvierte bereits Anfang Januar im österreichischen Innsbruck/Igls im Bob von Nico Walther – Vizeolympiasieger 2018 aus Pyeongchang sowie Weltcupgesamtsieger der Kombination 2015/2016 – seine ersten zwei Weltcuprennen im Zweier- und Viererbob.
Schwenzfeier wurde auch aufgrund von verletzungsbedingten Ausfällen nachnominiert, nutzte die Chance und erhielt nun beim deutschen Heimrennen am Königssee (25. und 26. Januar) die nächsten Einsätze auf der Weltcupbühne, wo es gemeinsam mit Walther (BSC Sachsen Oberbärenburg) im Zweierbob sowie den Anschieber-Kollegen Paul Krenz (Mitteldeutscher Sportklub Magdeburg) und Eric Franke (SC Potsdam) im Viererbob den Eiskanal hinunterging. (Dort belegte er im Zweierbob am Ende den dritten Platz, d. Red.). Die Trainingspläne auf die einzelnen Sportler abgestimmt: Grund zum Abheben ist das für den 24-Jährigen, der in Wilnsdorf nahe Siegen zu Hause ist, aber nicht.
„Man muss ganz klare unsere Trainingsgruppe in den Vordergrund stellen“, sagt Schwenzfeier, der seit März 2019 bei der Eintracht ist. „Ohne die wären die Weltcup-Einsätze nicht möglich gewesen.“ Denn Landestrainer Tim Restle hat ein extrem starkes Team aufgebaut, zu dem beispielsweise auch Vanessa Mark und Pilotin Kim Kalicki zählen, die in dieser Weltcupsaison in einem reinen „Eintracht-Bob“ bereits auf dem Weltcuppodium landeten. „Jeder bekommt einen individuellen Plan nach einem ganzheitlichen Konzept, der auf den Einzelnen abgestimmt ist“, sagt Schwenzfeier.
Die Erfolgsbilanz wächst ständig
Es ist ein Konzept, das sich auszahlt. Denn Fakt ist: Die Erfolgsbilanz der Eintracht ist lang – und wächst stetig weiter.„Kleinster Verband, kleines Geld“: Doch wie ist das in Wiesbaden, das nicht gerade als Wintersport-Mekka bekannt ist, möglich? „Wir sind der kleinste Verband mit kleinem Geld“, sagt Erica Fischbach, Präsidentin des Hessischen Bob- und Schlittensportverbandes sowie Stützpunktleiterin. „Wir versuchen durch individuelle Betreuung, die Leute zu halten und wollen, dass sich die Sportler gut aufgehoben fühlen.“ Gemeinsam mit Restle treibt sie den Bobsport in Wiesbaden unermüdlich voran. Das Duo dreht an Stellschrauben, denkt stets einen Schritt weiter „Mein großes Ziel ist es, in Wiesbaden eine Anschubstrecke zu etablieren“, sagt Fischbach, die dafür Sponsoren und ein geeignetes Gelände suchen muss. Eine solche Strecke ist maximal 100 Meter lang und hat ein Gefälle von rund 13 Prozent. Dann hätten die Athleten in Wiesbaden einen Standortvorteil, würden zudem Reisekosten sparen. „Es ist mein Traum, das zu machen“, sagt Fischbach.
Stephan Crecelius hat diesen Artikel geschrieben. Erschienen ist er am 25. Januar 2020 im Wiesbadener Kurier. Wir danken für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.