Grund zum Jubeln: Kim Kalicki (links) und Anschieberin Kira Lipperheide in Winterberg (Foto: BSD/Dietmar Reker)

Wie Kim Kalicki plötzlich bei einer Bob-Weltmeisterschaft um die Plätze mitfahren möchte und kann 

Von Torsten Muders 

WIESBADEN/ALTENBERG. „Kim Possible“ ist eine Disney-Zeichentrickserie um ein eigentlich ganz normales Mädchen, das nebenbei als Geheimagentin die Welt mit Superkräften vor allerhand Schurken rettet. Doch auch die echte Kim macht es bei ihrer „Mission: Impossible“ möglich. Denn wie kann ein „Wiesbadener Mädchen“, wo es weit und breit keine Bobbahn gibt, auf einmal in der internationalen Bob-Elite mitfahren? Die mittlerweile 22-Jährige kann es und peilt bei den anstehenden Weltmeisterschaften in Altenberg einen Platz unter den ersten Acht an.

Seit fünf Jahren sitzt die ehemalige Leichtathletin, die sich quasi sportlich umschulen ließ, nun an den Lenkseilen. Ein gewisses Talent sagte man ihr schon in frühen Jahren nach. Nach der vermaledeiten vergangenen Saison, als nach einer Verletzung die damals schon angepeilten Weltcup-Starts früh gelaufen waren, machte die Athletin der Wiesbadener Eintracht in dieser Saison einen großen Sprung. „Im Nachhinein war die letzte Saison gar nicht verkehrt, so konnte ich viele Trainingsfahrten machen“, blickt Kalicki zurück. Erfahrung und eine gewisse Zeit im Bob gehören eben dazu, um zu reifen und schneller zu werden. Mit zwei Podestplätzen (Rang drei und zwei) in Lake Placid zum Auftakt dieses Winters ließ Kalicki aufhorchen. Dass sie danach in einer bärenstarken deutschen Mannschaft nicht mehr für den Weltcup nominiert wurde, wurmte zwar, doch die Wiesbadenerin wusste um ihre Chance bei der Junioren-WM.

„Ich bin nun viel entspannter“

„Der Druck war aber schon groß, weil jeder, auch ich, von mir den Titel erwartet hatte“, holte sich Kalicki zusammen mit Anschieberin Kira Lipperheide (TV Gladbeck) den Titel und das Ticket für die große WM. Seit gut einer Woche trainiert das Duo nun schon in Altenberg, die praktisch zur Heimbahn für Kalicki geworden ist. Neben dem Athletiktraining beim Wiesbadener Heim- und Stützpunkttrainer Tim Restle fruchtete bei Kalicki nämlich nun auch die verstärkte Kooperation mit den Trainern aus Sachsen, die für das Fahrerische zuständig sind.

Doch auch der Kopf spielt bei Kalicki eine entscheidende Rolle. „Ich bin nun viel entspannter“, musste laut der vierfachen Junioren-Weltmeisterin früher immer gleich alles zu 100 Prozent klappen. Wenn nicht, wurde sie schnell unleidlich. Auch das Material machte Fortschritte, bekam Kalicki doch einen neuen Schlitten bereitgestellt. Wenngleich es immer noch Unterschiede zu den Topfahrerinnen im deutschen Team um die amtierende Weltmeisterin Mariama Jamanka und der Weltcupgesamtsiegerin Stephanie Schneider gäbe. Mit der vierten Pilotin Laura Nolte wird das deutsche Quartett für die WM komplettiert. Bei der internationalen Konkurrenz müsse man laut Kalicki vor allem auf die in Altenberg traditionell starke Kanadierin Kaillie Humphries, die nun für die USA startet, und die Kanadierin Christine De Bruin achten. Käme für Kalicki angesichts der starken deutschen Konkurrenz ein Nationalitätenwechsel in Frage? „Jede unserer Athletinnen würde in jedem anderen Verband sicher fahren. Doch ich fahre für Deutschland. Punkt“, stellt die 22-Jährige fest.

Auch ihr Freund hätte dies gerne in dieser Saison gemacht, doch Anschieber Costa Laurenz wurde durch eine Verletzung ausgebremst. Nächstes Jahr soll es dann am besten von der gemeinsamen Wiesbadener Wohnung wieder hinaus in die weite Bob-Welt gehen.

Doch erstmal will Kalicki am Wochenende, am Freitag und Samstag stehen jeweils zwei Läufe an, bei der WM ihre Mission erfüllen. Als nun ausgebildete Kommissarin, ihr Studium hat sie Mitte Januar in Wiesbaden an der Polizeihochschule abgeschlossen, hat die Sportpolizistin sicherlich auch einige Superkräfte, um den möglichen Fall zu lösen.

Starke Anschieber

Neben Kalicki wird auch der zweite aktuelle Wiesbadener Junioren-Weltmeister in Altenberg dabei sein. Anschieber Malte Schwenzfeier startet zusammen mit Richard Oelsner (BSC Sachsen) im Zweierbob. „Eine Heimweltmeisterschaft wird ein unvergessliches Erlebnis für die beiden werden, sie sollen es einfach genießen,“ freut sich die Hessische Verbandspräsidentin Erica Fischbach für ihre Schützlinge. Issam Ammour hat sich zwar rechtzeitig von seiner Oberschenkelverletzung erholt und konnte zum internen Duell gegen die anderen Bremser Joshua Bluhm (BSC Winterberg) und Paul Krenz (Mitteldeutscher Sportklub Magdeburg) um WM-Einsätze im Zweier- und Viererbob von Nico Walther (BSC Sachsen) antreten. Am Ende lag er aber die Winzigkeit von zwei Hundertstelsekunden hinter Krenz. Ammour bleibt aber als Ersatzmann vor Ort.

Dieser Artikel ist zuerst im Wiesbadener Kurier am 19.02.2020 erschienen. Wir danken für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.